Menschen haben Angst. Angst vor Diebstahl. Angst vor Unfällen. Angst vor Krankheit. Angst vor dem Tod. Mit dieser Angst lässt sich sehr viel Geld verdienen. Denn gegen zahlreiche Wechselfälle des Lebens kann man sich versichern. Und das beruhigt. Ein bisschen zumindest. Doch welche Versicherungen sind wirklich wichtig und auf welche kann man verzichten?
Schon in der Antike gab es Versicherungen
Bereits im alten Rom gab es Sterbeversicherungen, die die schon damals horrenden Beerdigungskosten abdeckten. Und als 1666 in London ein verheerendes Feuer ausbrach, schossen in Europa die Feuerversicherungen wie Pilze aus dem Boden. Dann kam Bismarck und ermöglichte mit seiner Sozialversicherungs-Idee vielen Menschen ein sorgloseres Leben.
Geht nicht – gibt‘s nicht
Inzwischen ist das Angebot an Versicherungen unüberschaubar. Das Geschäft blüht. Und auf dem Markt der Möglichkeiten gibt es nichts, was es nicht gibt. Wie wäre es zum Beispiel mit einer Hole-in-One-Police, die Golfern die Lokalrunde ersetzt, wenn es ihnen gelingt, eine Bahn mit einem einzigen Schlag zu spielen? Gut nachgefragt wird auch die Hochzeitsausfallversicherung. Sie springt ein, wenn eine teuer geplante Hochzeit in letzter Sekunde platzt. Schließlich kann der schönste Tag im Leben richtig teuer werden. Bis zu 25 000 Euro zahlen manche Versicherungen, falls Braut oder Bräutigam krank werden oder ein anderes unverschuldetes Ereignis eintritt – allerdings nicht, wenn er oder sie kalte Füße bekommt. Im Zuge dessen denken heiratswillige Paare auch gleich über einen Ehe-Rechtsschutz nach. Er garantiert, dass der Versicherer im Falle einer Scheidung die Anwalts- und Prozesskosten übernimmt.
Versicherung für Lottospieler?
Doch es geht noch besser. Ein Besitzer japanischer Koi-Fische fürchtete, ein Feuer könne ausbrechen und das Wasser erwärmen, in dem seine heiß geliebten Statussymbole herumschwammen. Auch diesem Manne konnte mit einer Feuerversicherung für Fische geholfen werden. Ein holländisches Assekuranzunternehmen versichert seine Kunden auf Wunsch sogar gegen Entführungen durch Außerirdische. Auch regelmäßige Lottospieler finden hier die passende Versicherung. Zeigt sich Fortuna ein ganzes Jahr lang dem Kunden abhold, sodass er es nicht einmal schafft, zwei Richtige zu tippen, zahlt ihm die Versicherung je nach Prämie zwischen 2500 und 10 000 Euro. Rund 50 000 Policen verkauft das holländische Unternehmen jährlich an Deutsche.
Viele Deutsche sind überversichert
Man mag über solche Versicherungsabschlüsse den Kopf schütteln – auch seriös klingende Angebote sind nicht immer sinnvoll. Der freundliche Versicherungsvertreter hat einen schnell davon überzeugt, dass es noch ein paar Policen mehr sein müssen. Viele Deutsche sind überversichert. Doch wer überflüssige Policen kündigt, kann im Jahr etliche 100 Euro sparen.
Verbraucherschützer wundern sich beispielsweise, wie viele Sterbegeld-Versicherungen abgeschlossen werden. In ihren Augen sind sie genauso entbehrlich wie Insassen-Unfallversicherungen, Fahrrad- oder Reisegepäckversicherungen. In diesen Fällen sind die Ausschlusskriterien meist so formuliert, dass es nahezu unmöglich ist, die Versicherung in Anspruch zu nehmen. Oft reicht es oft schon, die Wahrscheinlichkeitsrechnung zu bemühen, um zu erkennen, ob eine Versicherung Sinn macht oder nicht. Ein typisches Beispiel dafür ist die Glasbruchversicherung, die meist als Zusatzmodul zur Hausratversicherung angeboten wird. Bis ein möglicher Schadensfall eintritt, hat man oft jahrelang hohe Beiträge investiert, die dann in keinem Verhältnis zum Glasbruch stehen. Kommt es tatsächlich einmal zu einem Schaden, ist es günstiger, die Reparatur aus der eigenen Tasche zu bezahlen. Viele Verbraucher lassen sich aber auch Handy-und Brillenversicherungen aufschwatzen, die genauso überflüssig sind wie ein Kropf.
Welche Versicherungen sind also sinnvoll?
Nun, über Sinn und Unsinn einer Krankenversicherung muss man nicht lange diskutieren. Sie ist hierzulande ein Muss genauso wie die KFZ-Haftpflicht. Was die optionalen Versicherungen betrifft, spielt in vielen Fällen die persönliche Lebenssituation eine entscheidende Rolle. Für Studenten bzw. für junge Menschen, die in der Ausbildung sind, sind manche Policen sinnlos, weil sie noch über ihre Eltern abgesichert sind.
Verbraucherschützer empfehlen, den persönlichen Versicherungsbedarf im Laufe des Lebens immer wieder mal zu überprüfen. Ein Rentner braucht zum Beispiel keinen Rechtsschutz für Arbeitsrechtsstreitigkeiten. Und eine Vollkasko-Police macht zwar bei einem Neuwagen Sinn, nicht aber, wenn das Auto schon in die Jahre gekommen ist. Dann ist eine Teilkasko völlig ausreichend. Lebenspartner, die eine gemeinsame Wohnung beziehen, können die private Haftpflichtversicherung und auch die Hausratversicherung zusammenlegen. Das ist billiger als zwei Einzelverträge.
Es gibt jedoch Versicherungen, die zwar nicht gesetzlich vorgeschrieben, aber für fast jeden Menschen notwendig sind. Als Faustregel gilt: Alle Risiken, die die persönliche Existenz bedrohen, sollten abgesichert werden:
- Private Haftpflichtversicherung: Die private Haftpflicht haftet für Personen- und Sachschäden, die der Versicherte anderen zufügt. Und das kann teuer werden. Eines der Horror-Szenarien sieht zum Beispiel so aus: Sie überqueren bei Glatteis Straße. Ein Motorradfahrer ist jedoch schneller, als Sie dachten. Er gerät ins Schleudern, prallt gegen einen Baum und sitzt für den Rest seines Lebens im Rollstuhl. Abgesehen von der menschlichen Tragik geht der Schaden in Millionenhöhe, um die Unfallfolgen abzudecken. Auch durch Tiere kann ein Schaden entstehen. Katzen und Kleintiere sind in der privaten Haftpflicht mitversichert. Für Hunde und Pferde braucht der Tierhalter jedoch eine Tier-Haftpflicht. Und diese ist keineswegs überflüssig, wie manche Tierhalter meinen, denn der oben beschriebene Unfall kann auch durch einen Hund ausgelöst werden und seinen Besitzer in den Ruin treiben, wenn er nicht entsprechend abgesichert ist.
- Erwerbs- und Berufsunfähigkeitsversicherung: Jeder vierte Berufstätige wird schon vor Erreichen des Rentenalters berufsunfähig. Trotzdem haben nur wenige Betroffene eine Berufsunfähigkeitsversicherung. Sie sollte möglichst schon in jungen Jahren abgeschlossen werden, da der Kunde einen Gesundheitsnachweis erbringen muss. Häufig wird stattdessen aber lieber eine Unfallversicherung abgeschlossen. Doch viele Berufstätige sind damit schlecht beraten, denn die meisten Menschen müssen nicht aufgrund von Unfällen, sondern aufgrund von Krankheiten aus dem Berufsleben ausscheiden. Die Statistiken der Berufsgenossenschaften zeigen deutlich, dass Depressionen, Herzinfarkte, Rückenbeschwerden und Krebserkrankungen die Ursache für eine Berufsunfähigkeit sind. Nicht nur Arbeitnehmer, sondern auch und vor allem Selbstständige sollten diese Versicherung unbedingt abschließen, denn ihr Unternehmen steht und fällt mit ihrer Arbeitskraft. Kann der Versicherte wegen einer Krankheit oder eines Unfalls seinen Beruf nicht mehr ausüben, zahlt ihm die Versicherung eine monatliche Rente. Diese ist abhängig von der Höhe der monatlichen Beiträge. Und genau da liegt das Problem: Die Beiträge kosten richtig viel Geld, je nachdem wie alt der Kunde ist und welchen Beruf er ausübt. Wenn eine BU-Police aus gesundheitlichen oder aus Kostengründen nicht möglich ist, sollte zumindest eine Erwerbsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen werden. Diese ist nur halb so teuer wie eine BU-Versicherung. Sie springt allerdings erst dann ein, wenn der Versicherte überhaupt nicht mehr arbeiten kann. Die Berufsunfähigkeitsversicherung zahlt dagegen schon dann, wenn der Berufstätige zu mindestens 50 Prozent seiner Arbeitskraft in seinem letzten Beruf einbüßt.
- Risikolebensversicherung: Wenn der Hauptverdiener in der Familie stirbt, kann dies katastrophale finanzielle Folgen haben. Das gilt umso mehr, wenn auch noch Schulden aus einem Immobilienkredit zurückgezahlt werden müssen. Vor dem Ruin schützt eine Risikolebensversicherung. Im Gegensatz zu einer kapitalen Lebensversicherung handelt es sich dabei um einen reinen Todesfallschutz, d.h. die Angehörigen erhalten die vereinbarte Versicherungssumme nur, falls der Kunde stirbt. Deshalb sind die Prämien der Risikolebensversicherung vergleichsweise niedrig.
- Wohngebäudeversicherung: Wer ein Haus besitzt, kann auf eine Gebäudeversicherung keineswegs verzichten. Sie sollte aus den drei Komponenten Feuerversicherung, Leitungswasserversicherung und Gebäudeversicherung bestehen. Dann sind die meisten möglichen Schäden abgedeckt. Durch die Feuerversicherung werden Schäden versichert, die durch Brand oder Blitzschlag entstehen können. Die Leitungswasserversicherung bezieht sich auf Schäden, die durch Lecks oder einen Bruch in den Regenwasserrohren innerhalb des Gebäudes oder durch Frost hervorgerufen werden. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch eine Sturmversicherung. Beim Abschluss des Vertrages sollte man darauf achten, dass alle Schäden abgedeckt sind, die durch Hagel oder Sturm ab Windstärke acht entstanden sind. Denn aus meteorologischer Sicht ist ein Sturm erst ein Sturm ab Windstärke neun. Die Wohngebäudeversicherung deckt nicht nur die direkten Kosten, also die Reparatur oder den Neubau von Gebäudeteilen, sondern auch die so genannten indirekten Kosten. Darunter verstehen die Versicherer die Folgeschäden. Dazu gehören zum Beispiel Kosten für Aufräum- und Abbrucharbeiten oder Wasserverlust, aber auch mögliche Gutachterkosten.
- Hausratversicherung: Sie deckt Schäden ab, die durch Feuer, Wasser oder Diebstahl entstehen. Sie ist nicht existenziell, aber auch nicht unbedingt überflüssig. Die Hausratversicherung lohnt nur, wenn man über wertvolles Hab und Gut verfügt und wenn die Neuanschaffung sehr viel Geld kosten würde.
- Auslandsreisekrankenversicherung: Ein Unfall oder eine Erkrankung im Urlaub ist wirklich unangenehm. Noch unangenehmer wird es aber, wenn dadurch auch noch Kosten auflaufen, mit denen man nicht gerechnet hat. Deshalb sollten alle, die regelmäßig oder häufig ins Ausland reisen, eine Auslandsreise-Krankenversicherung abschließen. Natürlich übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland für die meisten europäischen Länder die Kosten für die Behandlung. Allerdings zahlen sie nur den Satz, der in Deutschland für die Behandlung vorgesehen ist. Wenn die Rechnung diesen Satz übersteigt, muss der Versicherte die Restkosten übernehmen. Das ist in Ländern wie der Schweiz keine Seltenheit. Für Länder, in denen das Abkommen nicht gilt, wird ohnehin nichts bezahlt. Deshalb ist eine Auslandsreise-Krankenversicherung durchaus sinnvoll. Allerdings muss der Urlauber darauf achten, dass der Urlaub den Versicherungsschutz nicht überschreitet. Manche Assekuranzen begrenzen den Schutz auf sechs Wochen am Stück. Mehrere kleinere Urlaubseinheiten innerhalb eines Jahres sind normalerweise kein Problem. In der Auslandsreise-Krankenversicherung ist häufig auch ein Rücktransport integriert – selbst dann, wenn er nicht zwangsläufig nötig, aber sinnvoll ist.
- Berufshaftpflicht: Die Berufshaftpflicht schützt Angestellte, Selbstständige und Freiberufler vor den finanziellen Folgen, die sich im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit ergeben können. Für manche Berufsgruppen ist diese Versicherung deshalb Pflicht, z.B. für Ärzte, Rechtsanwälte, Steuerberater und Architekten. Verbraucherschützer empfehlen auch anderen Selbstständigen und Freiberuflern diese Versicherung. Ein Beispiel, das gar nicht mal so abwegig ist: Ein Bildjournalist verwechselt Fotos, die im Zusammenhang mit einem Artikel veröffentlicht werden. Das kann im übelsten Fall zur Rufschädigung von Personen führen. Diese werden sich zunächst an den zuständigen Verlag wenden. Doch der fühlt sich nicht dafür verantwortlich, sondern wendet sich an den freiberuflichen Journalisten, der den Fehler verursacht hat. Er haftet mit seinem gesamten Vermögen. Doch die wenigsten Journalisten verfügen über ein Vermögen, und so kann diese Geschichte böse enden, wenn keine Versicherung abgeschlossen wurde.
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